Blutige Realität inmitten von Fake News

Blutige Realität inmitten von Fake News

Ist der Nicht-Krieg, den Wladimir Putin in der Ukraine entfacht hat, Irrsinn oder kalte Berechnung? Nur jemand, der wenig liest und hört, traut sich, diese Frage zu beantworten. Denn die Fakten sind im Wust an Information – besser: Desinformation – versteckt. Einander diametral widersprechende militärische Erfolgsmeldungen paaren sich mit den in der Cyberkriegsführung alltäglichen Lügen, englisch verfeinert Fake News genannt. Kaum jemand ist im Stande, da die Wahrheit zu erkennen.

Eine Wahrheit ist unbestritten: Russland hat die Ukraine angegriffen, und nicht umgekehrt. Deshalb lässt die NATO Truppen in der Nähe ihrer Grenzen aufmarschieren, deshalb schicken westliche Staaten Waffen für die Armee des angegriffenen Landes. Deshalb haben Schweden und das mit einer langen Landgrenze von Russland getrennte Finnland angekündigt, in einem Schnellverfahren der NATO beitreten zu wollen. Und deshalb beschließen die EU-Staaten ein Sanktionspaket nach dem anderen gegen Russland.

Was Ungarn betrifft, so verwendete Ministerpräsident Viktor Orbán Formulierungen, die den meisten westlichen Partnern allzu ausgewogen erschienen: „Die Erweiterung der Sanktionen auf den Energie-, den Öl- und den Gassektor würde Ungarn unverhältnismäßig große Lasten aufbürden. Deshalb … verurteilen wir Russlands bewaffneten Angriff, verurteilen auch den Krieg, aber wir werden nicht zulassen, dass man die ungarischen Familien den Preis des Krieges zahlen lässt.“

Wer schließlich diesen Preis zu zahlen haben wird? Kein Zweifel: Die ganze Welt. Möglicherweise wird dem russischen Volk noch nicht bewusst, wie dramatisch die Lage ist. Das als unabhängiger Meinungsforscher geltende Levada-Zentrum veranstaltete 2017 zum siebenten Mal eine Befragung, in der 1600 großjährigen Staatsbürgern in 137 Siedlungen der 48 Regionen Russlands die herausragendsten Persönlichkeiten aller Zeiten reihen sollten. Die Nummer eins wurde – zum zweiten Mal nach 2012 – Josif Wissarionovitsch Dschugaschwili, also Stalin. Als würden die Deutschen Hitler wählen...

Möglicherweise sind die weiteren Details der Liste noch erschreckender, fanden doch auf ihr nur drei weltberühmte russische Schriftsteller Platz: Aleksandr Puschkin (ex aequo Zweiter), Leo Tolstoi (Siebenter) und Michail Lermontow (Zehnter). Auf Platz sechs landete der erste Kosmonaut Jurij Gagarin. Weitere Namen auf der Liste: Lenin, Zar Peter der Große und Zarin Katharina die Große sowie Georgi Schukow, Stalins Heerführer im Zweiten Weltkrieg.

Und schließlich landete punktegleich mit Puschkin ein Mann auf Platz zwei, der schon 2003, wenige Jahre nach seiner Machtübernahme, die Liste ziert: Wladimir Putin. Damals schrieb Bécsi Napló: „Wenn die Reihung so weitergeht, könnte es sein, dass er bei der 2022 fälligen Befragung Stalin überholt.“ Bis 24. Februar hätte man mit dieser Prognose viel gewinnen können. In der Zwischenzeit ist es schwer geworden, inmitten der Fake News die Wahrheit zu erraten.

Original: Martos Péter - Fake news között a véres valóság